Geschichte
Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden gehört als international renommiertes Ausstellungshaus zu den ältesten Kulturinstitutionen der Stadt und der Region. Sie wurde 1909 als private Einrichtung gegründet und 1927 in öffentliche Trägerschaft überführt. Als einziges der elf Landesmuseen verfügt sie über keine eigene Sammlung, sondern dient allein als Ausstellungshalle zur Präsentation zeitgenössischer Kunst auf 672 m² Ausstellungsfläche. 2008 wurde die Kunsthalle in einen Landesbetrieb nach § 26 Landeshaushaltsordnung umgewandelt, Träger ist das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.
Seit ihrer Eröffnung als Ausstellungshalle der Freien Künstlervereinigung Baden e.V, ist sie der Auseinandersetzung mit internationaler Gegenwartskunst verschrieben. In ihrer langen Geschichte wurde dieser Auftrag von den jeweils amtierenden Direktor*innen immer wieder neu verhandelt. Seit Mai 2020 stellen Çağla Ilk und Misal Adnan Yıldız die Direktion der Kunsthalle.
Die Kunsthalle wurde von dem Karlsruher Architekten Hermann Billing (1867–1946) erbaut und im Jahr 1909 eingeweiht. Das nach außen hin asymmetrisch wirkende Gebäude wurde im späten Jugendstil geplant und am Eingang der Lichtentaler Allee realisiert. Architektur und Bauornamentik zitieren die klassische, griechisch-römische Antike.
Als Kunsthalle Baden-Baden ging das Haus aus einer privaten Stiftung des Malers und Sohn des Mitbegründers der Badische Anilin- & Soda-Fabrik (BASF), Robert Engelhorn hervor, der 1906 das Projekt einer permanenten Kunstausstellung für Baden-Baden vorstellte. Herrmann Billing hatte die Kunsthalle 1906 bis 1907 zusammen mit seinem Partner Wilhelm Vittali (1859–1920) geplant. Im April 1909 wurde sie, unter Anwesenheit von Großherzog Friedrich II., mit einer ersten Ausstellung eröffnet. 1912 entstand die Terrassenanlage im Außenbereich. Herrmann Billings Entwurf sah für Baden-Baden zunächst eine Zweiflügelanlage vor. Aus Kostengründen wurde das Gebäude reduziert, mit der Option, den östlichen Flügel zu einem späteren Zeitpunkt zu realisieren. Bauherr war das Großherzoglichen Ministerium des Innern, als Trägerverein fungierte die von Engelhorn gegründete und unterstützte Freien Künstlervereinigung Baden e.V. 1927 wurde die Kunsthalle in staatliche Obhut überführt, seit 2008 ist das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Träger der Kunsthalle.
Unter dem Titel Ständige Kunstausstellung Baden-Baden fanden bis in die 1930er Jahre zumeist zwei Ausstellungen pro Jahr statt, teils wegen der oft überdurchschnittlichen Beteiligung der Mitglieder der Freien Künstler-Vereinigung aus dem benachbarten Karlsruhe kritisiert. Im Sommer 1938 und 1939 wurde durch den Verein der Kunstfreunde am Oberrhein die Oberrheinische Kunstausstellung organisiert.
Die Kunsthalle hat im Zuge ihrer Geschichte zahlreiche Umbauten und ständige Verbesserungen der technischen Ausstattung erfahren. Zuletzt wurde 2004 – parallel zur architektonischen Angliederung des Museums Frieder Burda – das Café Kunsthalle im Foyer eingerichtet.
Ursprünglich als Ausstellungshalle für die badische Künstlerschaft initiiert, entwickelte sich die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden seit den späten 1950er Jahren zu einem Institut von internationalem Rang. Die Geschichte der Ausstellungstätigkeit in der Staatlichen Kunsthalle war stark durch Persönlichkeit, fachliche Interessen und entsprechende inhaltliche Akzente ihrer Direktor*innen geprägt.
Unter der Leitung von Dietrich Mahlow (1957–1967) wurde die Staatliche Kunsthalle zu einem Schaufenster der Weltkulturen. Ausstellungen wie Amerikanische Keramik (1960), Das naive Bild der Welt (1961), Schrift und Bild (1962/63) oder Primitive Textilwirkereien aus Ägypten (1963), neben zahllosen monografischen Werkschauen von Hans Arp bis Jean Tinguely entwarfen eine neue Vision für dieses Haus.
Mit Klaus Gallwitz (1967–1974) hielten die ersten Blockbuster-Ausstellungen Einzug in Baden-Baden: Revolutionsarchitektur (1970), Salvador Dalí (1971), Hans Makart (1972), Russische Realisten (1972/73). In der Reihe 14 mal 14 (1968–1973) wurde die Staatliche Kunsthalle dem Publikum als offenes Atelier für jeweils zwei Wochen dargeboten. Damals junge Künstler, die heute Weltruhm genießen, u. a. Georg Baselitz, Gerhard Richter, Günther Uecker, Markus Lüpertz und Anselm Kiefer hatten hier ihre erste Ausstellung.
Der Direktor Hans Albert Peters (1974–1980) sichtete Positionen in der Klassischen Moderne mit Juan Gris (1974), Aristide Maillol (1978), Robert Delaunay (1976), Richard Serra (1979) und René Magritte (1976). Zu Gast war die Mailänder Pinacoteca di Brera mit ausgewählten Werken der oberitalienischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts von Bembo bis Guardi (1975).
Unter der Leitung von Katharina Schmidt (1980–1985) wurden große Deuter der menschlichen Existenz entdeckt: Bruce Nauman (1981), Rebecca Horn (1981), Dani Karavan (1982), Jannis Kounellis (1982), Karel Appel (1982), Cy Twombly (1984). In Erinnerung blieben auch die Ausstellungen Georges Seurat (1984), Aus der fließend vergänglichen Welt (1984) und Im Schatten hoher Bäume (1985).
Jochen Poetter (1985–1997) dokumentierte als Direktor minimalistische Strategien, die die Architektur zur jeweiligen künstlerischen Inszenierung ins Verhältnis setzten, mit Künstlern wie Gerhard Merz (1987), Donald Judd (1989), Dan Flavin (1989), Reiner Ruthenbeck (1993) und Richard Tuttle (1993). Für Deutschland wurden amerikanische Künstler wie Chuck Close (1994), Alex Katz (1995) und Cindy Sherman (1997) neu entdeckt.
Margrit F. Brehm (1997–1999) setzte als kommissarische Leiterin Akzente mit Impressionismus und Symbolismus – Malerei der Jahrhundertwende aus Polen (1997), Highlights aus dem Gemeentemuseum Den Haag (1998), Minimal-Maximal (1999), … einerseits der Sterne wegen (1999) und Einzelausstellungen wie Erwin Gross (1997), John Armleder (1998/1999) und Dieter Krieg (1999).
Kunst diente Matthias Winzen (1999–2005) als Erkenntnismittel aus eigenem Recht. In Trilogien wie Du sollst Dir ein Bild machen (2001/02) und Multiple Räume: Seele – Park – Film (2004/05) gewann die Kunsthalle unter seiner Leitung das Profil eines Forschungsinstituts zur Frage des Ortes der Kunst im Leben. Ausstellungen zu Thomas Ruff (2001/02), Georg Herold (2004), Marlene Dumas (2005/06), Thomas Schütte (2006) und Stephan Balkenhol (2006) wechselten mit thematischen Einblicken in Privatsammlungen.
Fritz Emslander (2005–2006) zeigte als kommissarischer Leiter mit Tiefenschärfe – Bilder vom Menschen (2006) Schätze der Fotografiegeschichte aus bislang wenig bekannten französischen Sammlungen. In Ballerina in a Whirlpool (2006) wurde anhand von bedeutenden Werken der Installationskunst aus der Sammlung Hauser & Wirth menschliche Wahrnehmungsstrukturen untersucht. Lost and Found (2006/07) widmete sich der wenig bekannten aktuellen ungarischen Kunst.
Karola Kraus (2006–2011) konzentrierte ihr besonderes Interesse auf Klassiker konzeptueller Kunst im Dialog mit künstlerischen Positionen der 1980er und 1990er Jahre. Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue – Positionen der Farbfeldmalerei, André Cadere – peinture sans fin, Dirk Skreber – Blutgeschwindigkeit, Nairy Baghramian – Walker Day Off, Stephen Prina und Kasimir Malewitsch markierten ihre Ausstellungsaktivitäten 2007/2008.
Johan Holten (2011–2020) kuratierte 2011 seine erste Ausstellung Geschmack. Der gute, der schlechte und der wirklich teure. Unter seiner Leitung folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen: Chto Delat? in Baden-Baden. Das Lehrstück vom Un-Einverständnis (2012), Jacqueline Kennedy Onassis – Eine Romantische Ausstellung von Jan De Cock (2012), Solch ungeahnte Tiefen – Werke von Wangechi Mutu (2012), BILDERBEDARF. Braucht Gesellschaft Kunst? (2013), Elizabeth Peyton – Here She Comes Now (2013), AUF ZEIT – Was hinter dem Putz steckt (2013), Macht der Machtlosen (2014), Room Service – Vom Hotel in der Kunst und Künstlern im Hotel (2014), Eva Kot'átková – Experiment für sieben Körperteile (2015), Nach dem frühen Tod (2015), Michael Müller. SKITS. 13 Ausstellungen in 9 Räumen (2016/17), Emeka Ogboh. If Found Please Return to Lagos (2017/18) oder Körper.Blick.Macht. Eine Kulturgeschichte des Bades (2020). Er initiierte außerdem den Projektraum 45cbm, der Projekten junger zeitgenössischer Künstler*innen gewidmet war.
Çağla Ilk und Misal Adnan Yıldız übernahmen im Frühjahr 2020 gemeinsam die Leitung der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Seitdem kuratierten sie dort Conditions of a necessity (2020), State and Nature (2021), Cosmos Ottinger (2022), Nature and State (2022), Yvonne Rainer - HELLZAPOPPIN': What about the bees? (2023), Candice Breitz - Whiteface (2023), Jan St. Werner - Space Synthesis (2023), Auditions for An Unwritten Opera. Rund um die Werke von Mutlu Çerkez (2023) und Sarkis - 7 Tage, 7 Nächte (2023) sowie mehrere Projekte im Rahmen der Ausstellungsreihe SYNCH.