Stephen Prinas künstlerische Praxis hat seit Anfang seiner Laufbahn viele Facetten: Er arbeitete gleichzeitig in verschiedenen Medien, präsentierte Einzelausstellungen, kollaborierte mit anderen Künstlern, produzierte Filme und Schallplatten und trat in Performances und Lesungen auf. Sein Werk – dazu gehören Malerei, Fotografie, Film, Objekt und Rauminstallation – greift gezielt Verfahrensweisen der Minimal Art und Konzeptkunst auf, um deren Paradigmen kritisch und ironisch zu hinterfragen. So werden einflussreiche Aspekte künstlerischer und gesellschaftlicher Entwicklungen der vergangenen Jahre gespiegelt und in die Gegenwart hinein aktualisiert. Jedes seiner Projekte kennzeichnet ein vielschichtiges Referenzsystem, das Motive und Themen aus Bildender Kunst, Musik, Literatur, Film und Philosophie aufnimmt. Immer wieder beziehen sich seine Werke auf ein Spektrum so bedeutender Theoretiker, Dichter und Künstler wie Theodor W. Adorno, Heinrich Böll, Dan Flavin, Joseph Kosuth, Edouard Manet, Andy Warhol oder Lawrence Weiner. Prina bindet diese Referenzen in neue Zusammenhänge ein und rekonstruiert oder variiert deren zugrunde liegende Strukturen. Dabei verwischt er bewusst die Grenzen zwischen High und Low, zwischen Hoch- und Massenkultur. Neben motivischen und strukturellen Bezügen heben Prinas Werke besonders die Platzierung von Kunst in Ausstellungsräumen hervor: Seine Projekte thematisieren den Entstehungskontext und stellen einen speziellen Zusammenhang zwischen historischen und aktuellen Ausstellungsorten her. Sie akzentuieren durch die offene, sich stets weiter entwickelnde Werkstruktur die Vorläufigkeit von Kunst.
Prina arbeitet häufig in Langzeitprojekten an Werken, die den jeweiligen Ausstellungskontext reflektieren. Eine solche künstlerische Strategie verfolgt die Sound-Installation The Second Sentence of Everything I Read Is You, die erstmals 2006 in der Galerie Friedrich Petzel, New York, gezeigt wurde. Im Sommer 2007 entstand eine weitere Version in der Galerie Gisela Capitain in Köln, bei der sich die Dimensionen und die Farbnuancierung änderten. Der für die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden konzipierte gelbe Raum bildet die jüngste Erweiterung dieses Projektes. Die Installation lässt sich mit einem temporär aufgebauten „fahrenden Bühnenspektakel“ assoziieren: Transportkisten, die die technischen Versatzstücke der Installation enthielten, sind in der Mitte des Raumes am Boden aufgestellt und werden durch Polster zu Sitzbänken umfunktioniert, Kabel und elektronische Soundelemente werden sichtbar ausgestellt. An den Ausstellungswänden erscheint der programmatische Schriftzug „…I ain’t n-n-no conceptual artist“, auf den Prina auch in der eigens von ihm für die Installation komponierten Musik referiert. Die Liedzeilen setzen sich zusammen aus Zitaten und Aussagen von so unterschiedlichen Künstlern und Autoren wie Alexander Alberro, Roland Barthes, Marcel Broodthaers, Johanna Burton, Thomas Clerc, Andrea Fraser, Bettina Funcke, Irmeline Lebeer, Ed Ruscha, William Shakespeare und Lynne Tilmann. Durch den suggestiven Klang von Prinas Songs wird der Betrachter angeregt, sich durch den Ausstellungsraum zu bewegen und die unterschiedlichen Komponenten wie Schrift, Sound, malerische und skulpturale Elemente in eine neue, subjektive Beziehung zueinander zu setzen. Prinas Verfahren der De- und Rekomposition künstlerischen Materials ist weder als Hommage noch als Kritik aufzufassen. Es begründet vielmehr einen lebendigen und gegenwärtigen Austausch zwischen künstlerischen Praktiken.