Der Besitzer von „One Thousand and One Roses“ war Armenier, ein Junge aus Dörtyol, der während des Völkermords verwaist war und es bis nach Aleppo geschafft hatte. Sein Name war Hovhannes Haroutyunian. Er hatte sich der Blumenzucht auf einem kleinen Grundstück in der Nachbarschaft von Azizieh verschrieben, das zugleich sein Zuhause und sein Arbeitsplatz war. Er war der erste Blumenzüchter und Blumenhändler in Aleppo, das damals eine wichtige, aber noch provinzielle Stadt war. Neben Nelken züchtete er als erster in der Stadt Gladiolen und Dahlien (die von ihm gezüchteten Dahlien sind auf den Fotos zu sehen).
Es ist nicht klar, wie er ein so erlesenes Grundstück im besten Viertel der Stadt bekommen konnte (noch heute gilt Azizieh als fast einziges altes und vornehmes Viertel von Aleppo). Vielleicht hatte er, wie viele andere Waisen, die nach dem Völkermord die Stadt erreicht hatten, ein Handwerk erlernt und konnte mit dem verdienten Geld das Land erwerben. Er starb im Jahr 1990. Heute steht der Laden „Tausendundeine Rose“ noch immer in Aleppo, in der Ecke desselben Grundstücks. Aber es ist eine Ruine, und nur Gras wächst dort.

Ich wünschte, diese Erinnerungen könnten funktionieren wie die antiken Samen im Garten der Minerva in Salerno, die, als sie bei einer archäologischen Ausgrabung entdeckt wurden, wieder von Licht und Wasser befruchtet wurden und mit Arten aufblühen, die es nicht mehr gibt.

 

Silvina Der-Meguerditchian
One Thousand and One Roses
aus der Serie “Texture of Identity”
2021
Farbig laminierte Foto-Reproduktionen, Baumwollgarn und Wolle
250 x 86 cm
Courtesy Silvina Der-Meguerditchian