„Make Egoism Great Again!“ – dieser Leitsatz könnte weltweit für jene nationalistischen Tendenzen stehen, die Politiker zu Handelszöllen gegen andere Länder zwingen oder eine Verstärkung von Grenzkontrollen zum eigenen Schutz durchführen. Aber braucht es heutzutage tatsächlich mehr Egoismus? Die Ausstellung des österreichischen Künstlers René Stessl (*1974) lädt zur Auseinandersetzung mit diesem vielschichtigen Thema ein. Zwei Tische, zwei Stühle sowie eine Pflanze bilden das Interieur von „Das Restaurant der Egoisten“ im Studioraum 45cbm. Speisen und Getränke des Café Kunsthalle können bestellt und in der Installation selbst verzehrt werden. Dabei sitzt der Gast beim Platznehmen sich selbst gegenüber. Das Prinzip einer relationalen Ästhetik im Sinne Nicolas Bourriauds, die Kunstwerke als soziale Environments begreift, in denen Erfahrungen geteilt werden, wird so von Stessl humorvoll konterkariert.
Zentral für das künstlerische Schaffen von René Stessl ist neben der Malerei das Kochen, meist für wildfremde Menschen im öffentlichen, urbanen Raum. Bekannt wurde Stessl mit seinem „1hourrestaurant“ für das er an bekannten Orten weltweit – etwa dem Times Square in New York oder auf der Athener Akropolis – ein Tisch und zwei Stühle bereitstellt und mit Hilfe eines Gaskochers ein mehrgängiges Menü zubereitet, das kostenlos an die Passanten verteilt wird. Er begreift sein Vorgehen als „Werkzeug der Annäherung“, wie er sagt. Mittels seines kulinarischen Projekts versucht Stessl, seinen Gästen über die inszenierte Restaurantsituation so nah wie möglich zu kommen und einen kleinen Ausschnitt ihrer Persönlichkeit freizulegen. Als gelernter Koch setzt er die Tradition des „Restaurant der Egoisten“ nach der Premiere in Brüssel (2015) nun in Baden-Baden fort.